Der 8. Brief – Unterwegs in Nepal

Kathmandu, 24. Dezember 2002

Hallo,

ja, ich bin immer noch in Nepal. Gerade bin ich wieder in Kathmandu und versuche Ersatzteile zu besorgen. Mein Tacho ist kaputt. Es gibt jetzt sicher schlaue Leute, die behaupten, man brauche ihn nicht zum Fahren. Nur woher soll ich wissen, in welcher Stadt ich bin und wann ich abbiegen muss und wann der Tank leer ist, so ganz ohne Kilometerangabe. Aber, nachdem meine Uhr geklaut wurde, habe ich auch gelernt, mich nach der Sonne zu richten, um die richtige Ausfallstraße zu finden oder zu wissen, wie viel Zeit ich noch habe, bis es dunkel wird …

17 Tage war ich um den Annapurna trekken. Das ist mit Sicherheit keine bergsteigerische Herausforderung, auch wenn manche Trekker so tun, als ob sie einen Mount-Everest-Gipfelsturm vorbereiten. Dafür ist die Landschaft wirklich sehenswert, ich konnte mich 17 Tage lang nicht satt sehen. Zum Glück hatte ich keinen Führer, mir haben die der anderen gereicht.

Bus fahren in Nepal ist immer noch ein Erlebnis. Eigentlich mehr ein Wunder (zumindest bei den Nicht-Touristen-Bussen), dass es die Busse meist bis zum Ziel schaffen. Falls noch Fensterscheiben vorhanden sind, lassen sie sich oft nicht öffnen oder schließen, die Lehnen liegen auf den Knien der hinteren Reihe …

Seit der Türkei habe ich auch viele Militär-Check-Points passiert. Hier ist mir das erste Mal das Herz in die Hose gerutscht (vielleicht doch Maoisten??). Im Westen Nepals gab es einige Straßensperren, die Busse und LKWs mussten runter von der Straße, irgendwo durch den Fluss fahren und dann irgendwo wieder auf die Straße treffen. Ich bin mit meinem Moped immer durch die Sperren durchgekommen. Viele Straßensperren waren auch verlassen, so dass ich einfach weiter fahre, wenn keiner schreit. Nur diesmal bin ich mal wieder in die Dämmerung gekommen und hatte es eilig, um noch vor der Ausgangssperre anzukommen und hätte beinahe nicht die Sperre gesehen, konnte aber noch eine Vollbremsung hinbringen. Drum rum gefahren, keiner zeigt sich, also weiter, nach 50 m wieder eine Sperre. Ich bleibe stehen und schon bin ich im Flutlicht, höre Trillerpfeifen. Nepali schauen aus den Türen, aber keiner kommt raus. Nach einer Ewigkeit kommen zwei Soldaten, können kein Wort englisch, aber ich versuche, zu erklären, ich bin Tourist, Tourist. Endlich kommt ein Ranghöherer, spricht englisch, fragt, wo ich hin will, kontrolliert meine Papiere, rät mir von der Weiterfahrt ab, letztendlich lässt er mich aber passieren und informiert den nächsten Posten.

So bin ich doch noch abends im DDC-Camp angekommen. Dort baut eine deutsche Firma ein Wasserkraftwerk und mir hat ein deutscher Ingenieur angeboten, dass ich dort mein Moped unterstellen kann, während ich trekken gehe. Mittlerweile hat die dortige Werkstatt meinen Gepäckträger entrostet, lauter begeisterte Motorradfahrer, die gerne rumbasteln. Nur das Tacho-Problem konnten sie auch nicht lösen.

Frohe Weihnachten,
Katharina